„Der demografische Wandel stellt uns vor ökonomische und medizinische Herausforderungen, denen wir nicht ausweichen, die wir aber moderieren können. Die Konsequenz: Gemeinsame Stärken nutzen und vernetzen: sowohl auf lokaler als auch nationaler und internationaler Ebene.“ Mit diesen Worten begrüßte Dr. Norbert Marschner am 20. April 2018 die Teilnehmer des OnkoRats 2018 im voll besetzten Saal des Radisson Blu Hotels Frankfurt.
Den Aufschlag der Veranstaltung unter dem Motto „Impulse für Forschung und Versorgung“ machte die Digitalisierung. Mit zahlreichen Beispielen aus dem Bereich der e-Anamnese und Patientenaufklärung, der Unterstützung von Organisation und Logistik, der e-Diagnostik und Therapie skizzierte Dr. Marschner den Weg in die Zukunft der onkologischen Versorgung. Kommunikation und Informationsfluss spielen im Praxis- und Kliniknetzwerk eine zentrale Rolle – intern sowie extern mit Patienten, Fachkollegen, anderen Fachärzten, Apotheken, Laboren, und Studiengruppen. Die Vernetzung ist alternativlos – auf allen Ebenen.
Das Thema Real World Data (RWD) stand im Fokus vieler Vorträge und Workshops. Bereits zu Beginn wurde auf deren zunehmende medizinische, politische wie auch ökonomische Bedeutung hingewiesen. Internationale CRO’s entdecken die RWD. Die deutschen Onkologen sind in diesem Bereich seit Jahren vorreitend aktiv und haben einen erheblichen Vorsprung. Die konsequente nationale und internationale eigenständige Vernetzung der Onkologen & Hämatologen liegt in unser aller Interesse. Nur durch eine qualitätsgesicherte Datenerhebung und eine konsequente Zusammenarbeit können wir auch weiterhin die Zukunft der RWD gestalten: Networking der Netze.
Wie sieht sie aus, die Zukunft der Medical Oncology? Gegen Abend diskutierten Dr. Johannes Bruns (Generalsekretär DKG aus Berlin), Dr. Peter J. Goebell (leitender Oberarzt Urologie aus Erlangen), Dr. Andreas Jakob (Hirslanden Klinik/Aarau) und Prof. Thomas Decker (NHO Ravensburg) im Rahmen des Onkologischen Quartetts. Kann es den „Onkologischen Generalisten“ noch geben? Ist das Aufgabenfeld für einen Arzt noch leistbar? Spezialisierung ist bei dem rasant fortschreitenden Wissensstand auf dem Vormarsch und sinnvoll. Für eine flächendeckende, qualitativ hochwertige Versorgung sollten flächendeckend Tumorboards oder ähnliche Strukturen den Behandler unterstützen. Am Ende ist er der Entscheider und trägt die Verantwortung gegenüber dem Patienten. Auch bei dieser Diskussion stand das Thema der Vernetzung im Fokus: Vernetzung verschiedener Disziplinen im Sinne der Qualität.
Der Samstag startete mit einem weiteren Highlight: Wie kontrolliert das Immunsystem Krebs, was ist Immuntoleranz und wie wird diese vom Tumor genutzt? Der Vortrag zur „Immunonkologie 2.0“ von Professor Dr. Robert Zeiser aus Freiburg i.Br. brachte ein für viele schwer zugängliches Thema auf ein gut verständliches Niveau. Wie real sind die klinischen Erfolge bei der Immuncheckpoint-Inhibition und wie deren Nebenwirkungsraten? Ergänzend wurden vielversprechenden Ansätze der zellulären Immuntherapie vorgestellt: Die allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation ist bei einem Großteil der Patienten mit akuter Leukämie die einzige kurative Option. In jüngster Vergangenheit hat die CAR T-Zell Therapie sehr vielversprechende Erfolge, selbst bei refraktären Erkrankungen gezeigt. Präklinische Daten weisen auf eine Wirksamkeit auch bei soliden Tumoren hin. Neue Therapieoptionen, an die hohe Erwartungen gestellt werden.
Welche Bedeutung haben Registerdaten in der Zulassung und Nutzenbewertung? Dr. Martina Jänicke zeigte auf, dass mit Daten aus qualitativ hochwertigen Registern Evidenzlücken geschlossen werden können. Immer häufiger werden Versorgungsforschungsdaten in Zulassungsentscheidungen einbezogen. Wird das Outcome der Patienten auch im „Real Life“ verbessert? Ist das progressions-freie Überleben ein patienten-relevanter Endpunkt? Registerdaten ergänzen die Erkenntnisse aus randomisierten klinischen Studien und haben in verschiedenen Bereichen der Nutzenbewertung ihren Platz.
Registerstudien können auch als Basis für die gezielte molekulare Testung und als Screeningplattform dienen, führte Dr. Karin Potthoff von iOMEDICO aus. In Basketstudien ist nicht die Entität das entscheidende Einschlusskriterium sondern der Biomarkerstatus. Die Wirksamkeit der Prüfsubstanz wird gleichzeitig bei mehreren Tumorarten mit der entsprechenden genetischen Aberration untersucht. Im klassischen Ansatz wäre für jede Entität eine eigene Studie notwendig. Neue Studiendesigns zielen auf eine effektive und rasche Priorisierung neuer Wirkmechanismen ab. Dr. Sabine Busies erläuterte das Konzept der Low Interventional Trials, bei dem akademische Studien durch regulatorische Erleichterungen einfacher umsetzbar werden. Bei den pragmatic Randomized Clinical Trials wird die Versorgungsforschung bei der Durchführung von klinischen Studien in das Studienkonzept einbezogen.
Abgerundet wurde das Programm von zahlreichen Workshops und Dialogen. Nach dem Motto „Alle sind aktiv“ wurden onkologische Indikationen mit konkreten Studienperspektiven diskutiert, neueste Ergebnisse aus klinischen Studien vorgestellt und aktuelle Behandlungsstrategien analysiert. Wie kann die Behandlung verbessert werden? Welche Kriterien für die Therapieentscheidung sind relevant? Welche Fragen sollten mittels Klinischer Studien und welche mittels Tumorregistern untersucht werden?
Eine rundum spannende und konstruktive Veranstaltung mit viel Austausch in guter Atmosphäre. Auf den nächsten OnkoRat 2019 am 05. und 06. April freuen wir uns jetzt schon.
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